Die Geschichte des Fliegerhorstes
Langenlebarn von
1936 bis 2000
Kurzversion aus der
Dissertation von Herrn Dr.Mag. Hubert Prigl.
Anmerkung:
Das Hakenkreuz ist ein
Symbol dieser Epoche und dient der historischen Korrektheit.
Teil VII
Die Notlandung eines
amerikanischen Transportflugzeuges in den Schweizer Alpen und die anschließende Suchaktion im November 1946
Am Montag den 18. November 1946
startete um 11 Uhr 15 ein amerikanisches Transportflugzeug des EATS vom Typ Douglas C-53 mit dem Namen „TULLN“
vom Fliegerhorst Tulln/ Langenlebarn. Die Flugstrecke führte von Tulln
nach München. An Bord des Flugzeuges, das von Captain Ralph H. Tate
gesteuert wurde, befanden sich vier Besatzungsmitglieder und acht Passagiere. Die
Fluggäste waren hochrangige Offiziere der amerikanischen Streitkräfte in
Österreich, ihre Familien und weitere Zivilpersonen.
Am Dienstag den 19. November
startete das Flugzeug zum Weiterflug nach Marseille. Der Pilot musste
aber wegen Vereisungsproblemen am rechten Motor wieder nach München
zurückfliegen, da die Enteisungsanlage nicht richtig funktionierte.
Nach der Landung in München wurde das Problem behoben und das Flugzeug
konnte wieder starten.
Da amerikanische Militärflugzeuge den Luftraum über der Schweiz nicht
überfliegen durften, wählte der Pilot die Route
München-Lyon-Marseille-Pisa. Wegen schlechter Sicht führte Captain Tate
einen Instrumentenflug durch und entschloss sich in einer Höhe von
10.000 feet [ca. 3.300 m] sich am Funkfeuer Lyon orientierend, nach
Marseille zu fliegen. Durch das schlechte Wetter kam der Pilot aber von
seinem Kurs ab und er überflog die Schweizer Grenze. In der Gegend des
Wetterhorns kam das Flugzeug in starke Fallwinde, dem Piloten gelang es
nicht mehr das Flugzeug über die Berggipfel zu steuern und die
Transportmaschine schlug auf dem über 3.000 m hoch gelegenen
Gauligletscher auf.
Ralph Tate beschrieb die Minuten
vor dem Aufprall wie folgt:
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Die geplante
Flugstrecke des Transportflugzeuges
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„...Plötzlich sehe ich dunkle
Streifen unter mir. Damals wusste ich nicht, dass es Gletscherspalten
sind. Was ich aber bestimmt wusste, wir waren sehr nahe am Boden, weil
diese Streifen so schnell vorbeizogen. Ich rufe: „Wir sind in den
Bergen!“ und bringe Triebwerke und Propeller auf volle Leistung und
ziehe mit dem Steuerhorn die Flugzeugnase hoch. Der Kopilot neben mir
dachte wohl, ich hätte einen Schwindelanfall und hielt sein Steuer in
der bisherigen Position fest, die Situation war sehr gefährlich. Ich
versuchte den Kopiloten zur Seite zu schieben, im gleichen Moment
setzten wir auf dem Boden auf. Ich wurde nach vorne geworfen und schlage
mit dem Kopf vorne am Instrumentenpult auf. Ich wurde bewusstlos....“
Die Bruchlandung erfolgte um 14
Uhr 08 auf dem 3.300 Meter hohen Gauligletscher im Berner Oberland.
Durch die hohe Schneedecke wurde der Anprall gemindert und das Flugzeug
brach nicht auseinander. Die Insassen hatten sehr großes Glück, alle
Personen an Bord hatten den Absturz überlebt, jedoch wurden mehrere
Passagiere bei diesem Unfall verletzt.
Frau Tate beschrieb den
Zeitpunkt des Absturzes wie folgt:
„....dann erfolgte der Aufprall.
Es gab keine Schreie und keine Panik an Bord. Der erste der etwas sagte,
war Colonel McMahon. Er sagte zu seiner Tochter: ,Nicht bewegen, Alice
Mary. Bleib still sitzen, es wird alles gut..“
Da es Sgt. Hill, dem Bordfunker,
noch gelungen war einen Notruf abzusetzen, der um 14 Uhr 27 von einer
britischen Luftwaffeneinheit aufgefangen wurde, konnte schon nach kurzer
Zeit eine Such- und Rettungsaktion gestartet werden. Vorerst konnte die
Absturzstelle aber nicht genau ausgemacht werden, und die Suchaktion
konzentrierte sich auf den französischen Teil der Alpen. Kurz nach der
„Landung“ begannen die Insassen die Situation zu analysieren und erste
Vorbereitungen für das Überleben zu treffen. Unter der Leitung von Georg
Harvey, der zwei Jahre lang Medizin studiert hatte, wurden zuerst die
Verletzten versorgt.
Die
Flugzeuginsassen begannen alles Essbare zusammenzutragen. Um die Temperatur im Flugzeug zu steigern wurde in
Behältern Schnee geschmolzen.
Am
Mittwoch versuchten einige Insassen auf dem Fußweg Hilfe zu holen,
jedoch mussten sie dieses Unternehmen wieder aufgeben, da das Gelände
mit seinen Gletscherspalten sehr gefährlich war. In der Zwischenzeit
hatte die größte bis dahin statt gefundene Rettungsaktion eingesetzt.
Nachdem die Meldung in Wien eingelangt war, dass eine amerikanische
Transportmaschine in den Schweizer Alpen vermisst wurde, startete
General Snavely und General Tate vom Flugplatz Tulln/Langenlebarn mit
einem Flugzeug vom Typ Boeing B- 17. Das Flugzeug wurde mit
Lebensmittel und Überlebensausrüstung beladen.
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Luftbild
des notgelandeten Flugzeuges
|
Erst gegen 16 Uhr am Freitag den
22. Novembers konnte, von einem amerikanischen Flugzeug aus, das
Flugzeugwrack gesichtet werden. Den Augenblick der Entdeckung beschreibt
Ralph Tate so:
„... Und dann wurden wir
wirklich entdeckt vom Flugzeug das über uns flog. In dieser B 17,
Fliegenden Festung
, saß mein Vater am Platz des
Bombenschützen. Er war es, der uns entdeckte. Meine Mutter las in der
Bibel. Es war der Psalm 121, der mit dem Satz beginnt: Ich hebe meine
Augen auf zum Himmel, von welchem mir Hilfe kommt ...“
Nachdem das abgestürzte Flugzeug
entdeckt worden war, wollte der mitfliegende Arzt mit dem Fallschirm
abspringen. Der starke Wind und der ungewisse Landeplatz verhinderten
aber dieses Vorhaben. Die Besatzung warf die Lebensmittel und die
Überlebensausrüstung ab und landete anschließend auf einem Schweizer
Flugplatz. Von den Angehörigen der amerikanischen Botschaft wurde die
Landeerlaubnis des amerikanischen Bombers sowie der Transport der
Besatzung nach Meiringen organisiert.
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Die amerikanischen
Generale Legg und Snavely bei der Besprechung über die bevorstehende
Rettungsaktion |
Luftbild des
notgelandeten Flugzeuges, rund um das Flugzeug sind die Einschläge
der Versorgungsgüter zu sehen |
Das notgelandete Transportflugzeug mit dem Namen ,,TULLN"
|
Nachdem die Absturzstelle des
Flugzeuges bekannt war, starteten Flugzeuge der Schweizer Flugwaffe,
der amerikanischen Luftwaffe und
Flugzeuge aus Frankreich, Großbritannien und Italien um Lebensmittel und
Notausrüstung abzuwerfen.
Erst gegen 16 Uhr am Freitag den
22. Novembers konnte, von einem amerikanischen Flugzeug aus, das
Flugzeugwrack gesichtet werden. Den Augenblick der Entdeckung beschreibt
Ralph Tate so:
„... Und dann wurden wir
wirklich entdeckt vom Flugzeug das über uns flog. In dieser B 17,
Fliegenden Festung
, saß mein Vater am Platz des
Bombenschützen. Er war es, der uns entdeckte. Meine Mutter las in der
Bibel. Es war der Psalm 121, der mit dem Satz beginnt: Ich hebe meine
Augen auf zum Himmel, von welchem mir Hilfe kommt ...“
Nachdem das abgestürzte Flugzeug
entdeckt worden war, wollte der mitfliegende Arzt mit dem Fallschirm
abspringen. Der starke Wind und der ungewisse Landeplatz verhinderten
aber dieses Vorhaben. Die Besatzung warf die Lebensmittel und die
Überlebensausrüstung ab und landete anschließend auf einem Schweizer
Flugplatz. Von den Angehörigen der amerikanischen Botschaft wurde die
Landeerlaubnis des amerikanischen Bombers sowie der Transport der
Besatzung nach Meiringen organisiert.
Nachdem die Absturzstelle des
Flugzeuges bekannt war, starteten Flugzeuge der Schweizer Flugwaffe,
der amerikanischen Luftwaffe und
Flugzeuge aus Frankreich, Großbritannien und Italien um Lebensmittel und
Notausrüstung abzuwerfen.
Die Aktion beschreibt Ralph Tate
wie folgt:
„... Die Flugzeuge flogen über
uns und es wurde wirklich gefährlich da draußen, denn sie bombardierten
uns regelrecht mit all dem Hilfsmaterial, so dass wir ins Flugzeug gehen
mussten. Und tatsächlich trafen Pakete das Flugzeug ...“
Am Freitagnachmittag trafen in
Meiringen 150 amerikanische Soldaten einer Gebirgsdivision ein. Obwohl
diese Einheit modernes Material mitgebracht hatte, sollte die
Rettungsaktion von Schweizern durchgeführt werden.
In den Abendstunden des 22.
November wurde eine aus 80 Personen bestehende Rettungskolonne
zusammengestellt. Neben 10 erfahrenen Bergführern und 3 Ärzten
beteiligte sich auch der Kameramann der Schweizer Filmwochenschau, Rene
Böniger, an der Rettungsaktion.
Am frühen Morgen des 23.
November hatte sich eine Rettungskolonne auf den schwierigen Weg zur
Unfallstelle aufgemacht. Durch einen Übermittlungsfehler stiegen die
Retter zum Wetterkessel auf Dort angekommen erfuhren sie, dass das
Flugzeug auf dem Gauligletscher liegt. Nach einem 13 stündigen Aufstieg
erreichten die ersten beiden Retter, Wilhelm Jost und Ernst Reiss, das
Flugzeug und konnten feststellen, dass alle Insassen den Absturz
überlebt hatten.
Den Moment
des Eintreffens der ersten Retter an der Absturzstelle
beschreibt Ralph Tate so:
„... Und dann sahen wir zwei
Retter über den Gletscher zu uns hinunter kommen. Wir waren natürlich
sehr glücklich. Als sie herkamen, gaben wir ihnen die Whiskyflaschen,
die wir hatten.“
Am späten Nachmittag erreichte
die Rettungskolonne die Absturzstelle. Da der Aufstieg aber
länger als geplant gedauert
hatte, war an einen Abstieg am selben Tag nicht mehr zu denken. Die
Männer der Rettungskolonne richteten sich zu einen Biwak ein. Als
Nahrung diente der Inhalt der vielen abgeworfenen Verpflegungspakete.
Am Samstag morgen wurde mit den
Vorbereitungen für den Abstieg begonnen. Acht der Flugzeuginsassen
sollten auf Rettungsschlitten liegend, ins Tal gebracht werden. Bereits
nach 2 Stunden wurde klar, dass der Abstieg auf diese Art nicht möglich
sein wird. Der Zustand der Geretteten ließ einen weiteren Abstieg ins
Tal nicht zu, und so wurde der Abtransport auf dem Luftweg geplant. Da
es nicht möglich war einen Hubschrauber zu beschaffen, entschloss sich
die Schweizer Flugwaffe die Insassen mit zwei Flugzeugen vom Typ
Fieseler Fi 156 ,,Fieseler Storch“ vom Gletscher ins Tal zu fliegen.
Den ersten Landeanflug um 10 Uhr
25
auf den Gletscher beschrieb der damalige Hauptmann Hug
wie folgt:
„... die Rettungsmannschaft
signalisierte, ich soll mir das Landen aus dem Kopf schlagen. Aber ich
hielt an meinem Plan fest. Der Landungsplatz war 25 Meter lang ...“
Nachdem die erste Landung am
Gletscher durchgeführt war, wurde auch ein zweiter Fieseler
Storch, mit dem Kennzeichen
HB-ARU, für die Rettungsaktion eingesetzt. Mit diesem Flugzeug,
gesteuert von Major Hitz, landet auch General Snavely am Gletscher.
Später wurde auch
General Tate auf den Gletscher geflogen. Die Schweizer
Militärpiloten Victor Hug und
Pista Hitz
flogen insgesamt zwölf Einsätze. Während die Flugzeuginsassen per
Flugzeug hinunter gebracht wurden, stiegen die Männer der
Rettungskolonne ins Tal ab.
Der Pilot des
Transportflugzeuges Captain Tate musste den anwesenden Journalisten
seine Sicht der letzten Tage geben. Sein Bericht wurde am 26. November
in der Zeitung
Wiener Kurier
auf Seite 1 auszugsweise wiedergegeben:
„....im Augenblick des Unglücks
wurde meine Maschine wie durch einen Magnet nach unten gezogen...“
Tate beschreibt weiter:
„....Wir richteten es uns nach
dem Absturz in der Kabine so gemütlich als möglich ein, allerdings war
es ein wenig kühl und schließlich ging der Proviant aus.
Aber
gerade zur rechten Zeit wurde uns Proviant abgeworfen und
wir konnten 18 Pakete mit Lebensmitteln und Zigaretten
ergattern, nur gerade der Orangensaft
ging daneben...“
|
Die Rettungsmannschaft nach dem Erreichen der Absturzstelle
Der Fieseler
Storch mit dem Kennzeichen A-97
nach
der Landung am Gauligletscher
Der schweizer Militärpilot Major Hitz nach der Landung am
Gletscher
Die letzte Besichtigung des Start- und Landeplatzes vor dem
Start |
Der Pilot Captain
Tate wird von General Snavely begrüßt,
links sein Vater General
Tate |
Captain Ralph Tate bei der Begrüßung durch General Mark
Clark |
Am 25. November 1946 trafen alle
Insassen des abgestürzten Flugzeuges mit einem Sonderzug in Wien ein. Am
Bahnhof wurden sie von General Clark empfangen.
Nach ihrer Ankunft in Wien
wurden die sechs, bei dem Absturz verletzten, Amerikaner in das
amerikanische Spital in Wien gebracht. Gegen den Piloten Ralph Tate wurde eine Untersuchung
eingeleitet. Im wurde zwar ein Navigationsfehler vorgeworfen, jedoch
konnte er seinen Rang und seinen Pilotenschein behalten.
Im Jahr 1948 erschien unter dem Titel ,,Twelve walked away“ ein Buch und
in der Zeitung Readers Digest ein Bericht über die Ereignisse im
November 1946. Die Autorin dieser Werke war die Mutter des Piloten
Marguerite Gaylord Tate.
Heute, 56 Jahre nach dem Absturz, haben sich die Spuren der beteiligten
Personen verloren. Nur der Pilot Ralph Tate ist nachweislich noch am
Leben, er wohnt heute im amerikanischen Bundesstaat Washington.
Videodokumentation
vom ZDF HD Terra X:
Notlandung
in den Alpen
Videobericht:http://www.videoportal.sf.tv/video?id=5bba6cb7-dfe0-455c-b762-29529b09e520&referrer=http%253A%252F%252Fwww.sf.tv%252Fsendungen%252Fschweizaktuell%252Findex.php%253Fdocid%253D20100415
Bericht von www.jungfrauzeitung.ch
http://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/?recID=120112g0&drawerID=120100d7&codedQuery=*8c1e1ee9=ivxPU=879887t9%26wizdviPU=879899w2
Was mit der Dakota C-53 weiter geschah
Begleitet von Schutzengeln kollidiert am 19. November 1946 die
Dakota C-53 mit dem Gauligletscher. Hans-Ruedi Kürsteiner
recherchierte das Jahrhundertereignis zum 50. Jahrestag neu und
stellt seine siebenteilige Serie auch jetzt wie schon 1996
exklusiv dieser Zeitung zur Verfügung – als Einstimmung ins
spektakuläre Hollywood-Spielfilmprojekt «Dawn over Dakota»,
welches ein hochkarätiges Team rund um Filmregisseur Thomas
Rajman plant.
Die Leute der Rettungskolonne vom Flugplatz Meiringen
verbrachten die Nacht vom 24. auf den 25. November 1946 zusammen
mit den beiden jüngsten Bergführern, Ernst Kohler und Franz von
Bergen, in der Gaulihütte. Acht Mann stiegen am Montag, 25.
November wieder zum Flugzeug hoch, um noch zurückgebliebenes
Material zu bergen. Gerüchteweise wurden sogar Goldbarren an
Bord der Maschine vermutet, was sich jedoch leider nicht
bewahrheitete. Die Flugzeugmechaniker des Flugplatzes suchten
vor allem nach eine allfälligen Radarausrüstung, wurden jedoch
enttäuscht. Dann wurde das Flugzeug wintersicher gemacht. Die
beiden Bergführer nutzten die Zeit, um rund um das Flugzeug in
einer wahren Fundgrube von abgeworfenen Gegenständen zu wühlen.
So packten sie Werkzeuge, Fliegerkombijacken und
Konservenbüchsen in einen großen Weidenkorb, den sie dann zu
Tale schleppten. In drei Flügen mit dem Fieselerstorch HB ARU
brachte Hauptmann Victor Hug das von der Rettungskolonne auf dem
Gletscher zurückgelassene Material auf den Flugplatz zurück.
Nachdem sich ein Wetterumsturz ankündigte, verbrachten die Leute
vom Flugplatz Meiringen die Nacht vom Montag auf den Dienstag in
der Gaulihütte, stiegen am Dienstag ins Urbachtal ab und kehrten
nach Meiringen zurück.
Die Schweiz übernimmt Kosten
An seiner Sitzung vom 26. November 1946
hatte der Bundesrat nicht nur beschlossen, allen Teilnehmern an
der Rettungsaktion seinen Dank für ihre Aufopferung
auszusprechen, sondern auch für die Kosten dieser Rettungsaktion
aufzukommen. Dies führte nach der Publikation in den Zeitungen
zu unzähligen Zuschriften aus der Bevölkerung, die eine solche
Kostenübernahme zur Rettung von «reichen», hochrangigen
Amerikanern nicht begreifen wollte. In den persönlichen
Antwortschreiben von Bundespräsident Kobelt wurden die Briefe
aber dahingehend beantwortet, dass es sich hier um eine
humanitäre Rettungsaktion gehandelt habe und nicht um eine
militärische Aktion. Zudem übernahm die Schweizer Regierung nur
die Kosten für den Einsatz der Schweizer Rettungskolonne.
Schließlich beliefen sich dann die Totalaufwendungen gemäß der
Abrechnung im März 1947 auf total 23'377 Franken. Die Amerikaner
übernahmen alle Kosten für die Aufwendungen, die ihnen selbst zu
Lasten fielen wie Transport, Verpflegung und Unterkunft für die
in die Schweiz eingereiste Kompanie Gebirgsjäger. Bahntransporte
bei der BLS, Kosten für Unterkunft der Flugzeugbesatzungen,
welche in der Schweiz waren sowie die Kosten für alles auf dem
Gletscher abgeworfene und dabei verlorene Material. So wurde zum
Beispiel eine Rechnung vom Hotel du Lac in Interlaken für
Unterkunft und Verpflegung amerikanischer Flieger an den
amerikanischen Militärattaché weitergeleitet. Die letzte
Rechnung, die eingefordert wurde, stammte von den Schweizer
Bundesbahnen. Sie wurde erst im August 1948 gestellt.
Einladung nach Wien
Auf die Einladung des amerikanischen
Oberbefehlshabers der amerikanischen Besatzungstruppen in
Österreich, General Clark, flogen die beiden Schweizer Piloten
Hauptmann Victor Hug und Major Pista Hitz am Montag, 2. Dezember
1946 für eine Woche nach Wien. Sie freuten sich über die
Gelegenheit, mit der Besatzung und den Passagieren der
verunglückten Dakota nochmals Verbindung aufnehmen zu können und
sich gegenseitig auszusprechen. Diese hohe Ehrung und
Anerkennung nahmen sie jedoch nur als Vertreter aller an der
Rettungsaktion Beteiligten entgegen. Immer wieder betonten die
beiden, dass die Leistung und Opferbereitschaft der
Rettungsmannschaften am Boden in keiner Weise hinter der
fliegerischen Bravourleistung zurückstehe. Letztere sei jedoch
durch die Erstmaligkeit eines Fliegereinsatzes zur Rettung im
Hochgebirge von den Medien so stark in den Vordergrund getreten.
Nichts könne die hervorragende alpinistische Leistung der
Seilschaften und der Bergführer schmälern, welche dem äußersten
Einsatzwillen und dem Pflichtbewusstsein Leben zu retten
entsprungen sei. Es sei selbstverständlich gewesen, dass alle –
ob Bergführer, Träger, Arzt, Flieger, Funker, Telefonist,
Flugzeugmechaniker oder Motorfahrer – unter Einsatz ihres
eigenen Lebens nur eines wollten: Leben retten.
Nach dem Flug mit einer amerikanischen
Beechcraft über München nach Wien wurden die beiden im Hotel
Bristol in Wien von den durch Pressemitteilungen
herbeigeströmten Schaulustigen und Presseleuten überrannt. Im
Rundfunkhaus mussten sie nochmals detailliert über die ganze
Rettungsaktion berichten. Am Abend waren sie als Gäste bei
Brigadegeneral Tate eingeladen, wo sie mit den beinahe
vollzählig erschienenen Geretteten zusammentrafen. Mit großem Bedauern mussten sie hören, dass Oberst Mac Mahon noch am
Auskurieren einer Lungenentzündung sei und dass der
Bordmechaniker der Dakota, Sergeant Folson, mit schwersten Knie-
und Oberschenkelbrüchen per Flugzeug nach Amerika heimkehren
musste, wo mit großer Wahrscheinlichkeit eine Beinamputation
erfolgen müsse. Dagegen waren die Nasenverletzung von General
Haynes und die Kopfwunde des Piloten Ralph Tate schon fast
ausgeheilt. Immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass es für
die Amerikaner ein unlösbares Problem gewesen wäre, eine Bergung
im Hochgebirge durchzuführen. Um so mehr galt die Hochachtung und
der Dank der ganzen Rettungsmannschaft.
Die beiden Piloten erfuhren auch Details
über die amerikanischen Fallschirmjäger und Luftlandetruppen,
welche sich in Paris freiwillig gemeldet hatten, um über dem
Gletscher in der Schweiz abzuspringen und mit Gleitfliegern zu
landen. Nur durch einen strikten Befehl konnten die wild
Entschlossenen von dieser Aktion abgehalten werden. Am Dienstag,
3. Dezember 1946 wurden die beiden Schweizer Piloten im
Arbeitszimmer von General Clark empfangen. Dabei betonte Clark,
dass die Schweiz durch diese mustergültig durchgeführte Aktion
einmal mehr den Beweis ihrer ständigen Einsatzbereitschaft
erbracht habe. Die Schweizer Regierung habe nicht nur ohne
Einschränkung alle eigenen Mittel zur Verfügung gestellt,
sondern auch in großzügiger Weise und unkompliziert die
Einreise von amerikanischen Offizieren, Truppen und Flugzeugen
bewilligt. Das Schweizervolk sei mit seiner Gesinnung und
Leistung erneut Gegenstand der Hochachtung, Bewunderung und des
Vertrauens der ganzen Welt und im besonderen der Vereinigten
Staaten von Amerika geworden.
Vom Mittwoch bis zum Samstag verbrachten die
beiden Schweizer ihre Zeit damit, in Wien ansässige Bekannte und
Notleidende aufzusuchen. Die Adressen hatten sie, auf eine
Mitteilung von Radio Beromünster hin, aus der ganzen
Schweizerbevölkerung erhalten. Allesamt erhielten sie die Bitte
nachzusehen, wie es um die Leute bestellt sei. Dabei wurden die
beiden Piloten von einem amerikanischen Chauffeur im gepanzerten
Mercedes, welcher einmal SS-General Himmler gehört hatte, durch
Wien gefahren. Ganz Wien hatte den Verlauf der schweizerischen
Rettungsaktion verfolgt, und der Besuch der beiden glorreichen
Piloten war überall bekannt. Dass dieser Besuch aber auch jenen
galt, die sich längst zu den Vergessenen zählten, konnten diese
kaum fassen.
Schutz vor Plünderung
Im Auftrag des Eidgenössischen
Militärdepartementes erfolgte in der zweiten Dezemberhälfte 1946
die Publikation einer Verfügung, wonach das Flugzeug und
sämtliches abgeworfene Material vom Eidgenössischen
Militärdepartement in Gewahrsam genommen worden sei. Damit
wollte man einen winterlichen Plünderungsmarsch auf den
Gauligletscher verhindern. Der Aufruf wurde in den Zeitungen in
Brienz, Meiringen und Interlaken publiziert und in der
Gaulihütte, Dossenhütte sowie bei der Rosenlauibrücke und an der
Schrattenbrücke angeschlagen.
Das Dakota-Geschenk
In einem Schreiben an den Vorsteher des
Eidgenössischen Militärdepartementes schrieb der
Oberkommandierende der amerikanischen Streitkräfte in
Österreich, General Mark. W. Clark, am 11. März 1947: «Mein
lieber Herr Minister, ich habe die Ehre, der Schweizerischen
Eidgenossenschaft im Auftrage der Regierung der Vereinigten
Staaten das Flugzeug C-53, welches am 19. November 1946 auf dem
Gauligletscher in der Schweiz notlandete, als Geschenk
anzubieten. (...) Indem ich dieses Flugzeug der Schweizer
Regierung im Namen der Regierung der Vereinigten Staaten
anbiete, nehme ich die Gelegenheit wahr, Ihnen meinen besten
Dank für die zu Herzen gehende Mitarbeit der Schweizerischen
Armee und des Personals der Luftwaffe auszusprechen (...).» Am
25. April 1947 beantwortete Bundesrat Kobelt das Schreiben
dahingehend, dass die Schweizer Regierung beschlossen hätte, das
Flugzeuggeschenk anzunehmen. Zugleich erteilte das EMD der
Abteilung für Flugwesen und Fliegerabwehr den Auftrag
abzuklären, in welcher Weise über das Flugzeugwrack und die
abgeworfenen Hilfsmittel verfügt werden könnte. Dazu musste die
Dakota C-53 an Ort und Stelle untersucht werden, was erst nach
einer Schönwetterperiode anfangs Mai 1947 möglich war. Dabei
konnte festgestellt werden, dass der Rumpf von den Schnee- und
Eismassen eingedrückt und die Flügel abgebrochen waren. Immerhin
verfügte das Flugzeugwrack über zwei intakte Flugzeugmotoren,
zwei Verstellpropeller, eine automatische Steuerung,
Hydraulikgeräte sowie über diverse Funk- und Navigationsgeräte.
Die Dakota wird entsorgt
Am 29. Mai 1947 begann im Auftrag des Militärdepartementes und der
Direktion Militärflugplätze die Aktion zur Entsorgung des Flugzeugwracks
und die Bergung von noch verwendbaren Flugzeugbestandteilen. Wiederum
kamen die beiden Fieselerstörche zum Einsatz. In zwei Flügen wurden
zuerst drei Flugzeugmechaniker und drei Mann Hilfspersonal auf den
Gauligletscher geflogen. Sie waren bestens ausgerüstet mit
Spezialwerkzeugen, Gebirgsausrüstungen und Funkgeräten. Neben genügend
Lebensmitteln verfügten sie über eine gut ausgerüstete Zugkochstelle.
Auch Skis wurden mitgeführt. Auf dem Landeplatz auf 2850 Meter über Meer
wurde eine Startpiste markiert. Hier befand sich auch das Materialdepot.
Das Flugzeug lag unter einer Schneedecke von zwei bis sechs Meter,
sodass zuerst ein Zugang zur Rumpftüre ausgegraben werden musste. Die
sechs Männer vom Flugplatz Meiringen übernachteten im Innern der Dakota.
Am nächsten Tag wurden weitere Tunnels zu den Arbeitsstellen am Cockpit,
am Rumpf und zu den beiden Triebwerken gegraben. Nun begannen die
Demontagearbeiten im Cockpit und an den Triebwerken. Schließlich
konnten 2100 Kilogramm Triebwerkteile, die automatische Steuerung sowie
alle Funk- und Navigationsgeräte, Bordinstrumente und Hydraulikgeräte
auf die Kanadierschlitten verladen und vom Gletscherflugplatz, in Lasten
zu 250 Kilogramm, zu Tale geflogen werden. Zugleich wurden die
Treibstofftanks entleert und die Selbstzerstörungsfackeln entfernt und
vernichtet. Die ausgeschlachteten Triebwerke wurden in der
Demontagegrube versenkt.
Im Gletscher verschwunden
In der SAC-Sektion Oberhasli diskutierte man die Möglichkeit, den
Flugzeugrumpf der Dakota als Unterkunft und Attraktion auf die Rosenegg
hochzuziehen. Schließlich hatten aber weder SAC noch Gletscherforscher
ein Interesse am Flugzeugwrack, und so wurde es dann seinem Schicksal
überlassen. Im Sommer 1947 wanderten die gebirgstüchtigen Haslitaler in
grosser Zahl zum Gauligletscher und suchten nach den Überresten der
Materialabwürfe. So tauchten dann plötzlich neben Whiskeyflaschen auch
Konservenbüchsen mit Trinkwasser in Meiringen auf. Im Laufe der Jahre
wurde das Flugzeugwrack vom Schnee zugedeckt und verschwand im
Gletscher, der es aber sicher eines Tages wieder ans Tageslicht bringen
wird. Was die Leute dann zumal denken werden, wenn sie ein Flugzeugwrack
von 1946 finden?
Hans-Ruedi Kürsteiner
|
Bericht der
Kronenzeitung |
17. September 2018 |
Nach 72 Jahren im Eis
Schweiz: Flugzeugwrack wird von Gletscher geborgen
Knapp 72 Jahre nach der spektakulären Bruchlandung einer
US-Militärmaschine auf einem Schweizer Gletscher hat nun die
Bergung der Wrackteile begonnen. Der Fall machte 1946
weltweit Schlagzeilen, weil es der Schweizer Luftwaffe
seinerzeit gelang, die zwölf Insassen zu retten. „Es war die
Geburtsstunde der fliegerischen Bergrettung“, sagte Jürg
Nussbaum, der Pressesprecher der Luftwaffe, am Montag.
Die Maschine
vom Typ C-53 Skytrooper Dakota war am 19. November 1946 auf
dem Weg von Österreich nach Italien. Sie kam bei schlechtem
Wetter vom Kurs ab und konnte auf dem Gauligletscher - er
liegt Luftlinie etwa 70 Kilometer südöstlich von Bern - auf
3500 Metern Höhe notlanden. Die Maschine war später im
Schnee versunken. Erst 2012 kamen die ersten Wrackteile nach
einer Schneeschmelze zum Vorschein. Im heurigen Sommer
schmolz mehr Schnee und legte weitere Teile frei.
Militärpiloten retteten die Insassen der Maschine
Die zwölf Menschen an Bord überlebten wie durch ein Wunder.
Retter konnten sie allerdings tagelang nur mit Hilfspakete
aus der Luft versorgen. Schließlich wagten Schweizer
Militärpiloten die Landung auf dem Gletscher. Sie schafften
es, die zwölf Insassen zu retten und ins Tal zu fliegen.
Trümmerteile sollen ausgestellt werden
Die Luftwaffe wollte nun insgesamt rund zwei Tonnen
Trümmerteile ins Tal bringen. Darunter sind ein Motorenblock
mit Propeller, Teile vom Flügel und auch Wolldecken. Das
Cockpit sei allerdings noch nicht gefunden worden, sagte der
Sprecher der Luftwaffe. Die Trümmerteile sollen eines Tages
ausgestellt werden.
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Video der vom Eis freigegebenen Absturzstelle
https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Das-sind-die--berreste-der-US-Maschine-Dakota-C53-28545986
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Der glücklichste Unglückspilot
http://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/94928/
«Captain Ralph H. Tate, der Pilot des 1946
auf dem Gauligletscher niedergegangenen amerikanischen
Armeeflugzeugs, ist 88-jährig gestorben. (…) Die Bruchlandung
der Dakota C-53 auf 3300 Metern und die darauf folgende
spektakuläre Rettungsaktion waren eine Sensation. (…) Die Aktion
gilt als Geburtsstunde der fliegerischen Gebirgsrettung in der
Schweiz.
Der Bund, Donnerstag, 28. Mai 2009
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