Die Geschichte des Fliegerhorstes Langenlebarn von

1936 bis 2000

Kurzversion aus der Dissertation von Herrn Dr.Mag. Hubert Prigl.

Anmerkung: Das Hakenkreuz ist ein Symbol dieser Epoche und dient der historischen Korrektheit.

 

Teil XI

 

Die letzten Tage der US-Truppen am Fliegerhorst

 

 

 

Die Vorbereitungen zur Übergabe des Flugplatzes Tulln/ Langenlebarn durch die österreichischen Behörden im Sommer 1955 und der rasche Abzug der US-Truppen und die sich daraus ergebenden Probleme

 

 

Die Versuche der Gemeindeverwaltung von Langenlebarn eine geordnete Übergabe des Flugplatzes zu organisieren

 

Mit Wirkung Freitag den 15. Juli 1955 wurde im Bundeskanzleramt das Amt für Landesverteidigung als Sektion VI errichtet. Leiter der Sektion VI wurde Ing. Dr. Emil Liebitzky. Dieses neue Amt für Landesverteidigung bestand aus einer Amtsleitung und vier Gruppen. Die Gruppe III war für militärische Angelegenheiten zuständig. Ab 13. September 1955 erhielt die Gruppe III eine Unterabteilung III/L, die für Fragen der Luftfahrt zuständig war. Neben dem Leiter der Gruppe III/L Major Bizek bestand diese Gruppe aus zwei Personen.

 

Im Sommer 1955 begann der Abzug der amerikanischen Verbände vom Flugplatz Tulln/Langenlebarn. Die Amerikaner zogen ihre Soldaten so rasch ab, dass für die Bewachung des Flugplatzgeländes nicht mehr genügend Soldaten vorhanden waren. Dieser Umstand veranlasste Dr. Leopold Uhlik, Besitzer der Flugplatzkantine, sich in einem Schreiben am 3. August 1955 an Bundeskanzler Julius Raab zu wenden. Dr. Uhlik wendete sich in seiner Funktion als Leiter für Besatzungsangelegenheiten für die Ortschaft Langenlebarn an den Bundeskanzler und machte ihn darauf aufmerksam, dass die Bewachung des Flugplatzgeländes durch amerikanische Soldaten nicht mehr ordnungsgemäß durchgeführt werden könne, da zu diesem Zeitpunkt nur mehr fünf amerikanische Militärpolizisten den Wachdienst versahen.

Dr. Leopold Uhlik teilte in seinem Schreiben Bundeskanzler Julius Raab mit, dass er ständig mit dem amerikanischen Flugplatzkommandanten in Verbindung stünde.

 

Dazu schrieb Dr. Uhlik in seinem Brief vom 3. August 1955:

„... Der Kommandant wäre jederzeit bereit die Bewachung des Flugplatzes durch österreichische Gendarmerie durchführen zu lassen. Je eher desto lieber wäre es ihm. Zur Zeit wird das gesamte Gelände von fünf MP-Soldaten bewacht und es ist keine Gewähr und auch keine Sicherheit für das noch hier befindliche Vermögen gegeben. Zwei Einbrüche, die sich in letzter Zeit auf dem Gelände abgespielt haben, zeigen wie ernst die Situation ist ...

 

Dr. Leopold Uhlik machte in seinem Schreiben auch darauf aufmerksam, dass der Großteil der am Flugplatz gelagerten Güter nach dem Abzug der amerikanischen Einheiten dem österreichischen Staat übergeben werden sollte, und durch Plünderungen und Zerstörungen Österreich ein großer Schaden zugefügt würde.

 

Dazu schrieb Dr. Uhlik:

„... Nachdem das hier befindliche Gut zum größten Teil an den österreichischen Staat übergeben wird, kann man auch nicht verlangen, dass amerikanischerseits ein größerer Wert auf die Bewachung gelegt wird. In ganz kurzer Zeit wird sich hier nur mehr eine handvoll Soldaten befinden, deren Aufgabe es nicht mehr sein wird, den Flugplatz zu bewachen ...

...Wenn einer weiteren Verminderung des Flughafenvermögens Einhalt geboten werden soll, dann ist es unumgänglich notwendig sofort eine entsprechende Bewachungsmannschaft hier ein­zusetzen. Der Kommandant ist bereit für diese Truppen entsprechende Unterkünfte zur Ver­fügung zu stellen ...“

 

Dr. Uhlik teilte in seinem Schreiben Bundeskanzler Julius Raab weiters mit, dass er in dieser Angelegenheit bei General Liebitzky vorgesprochen habe, dieser ihm aber mitteilte, dass an eine Verlegung von Einheiten der B-Gendarmerie in den Osten Österreichs zur Zeit nicht zu denken sei.

 

Dr. Uhlik in seinem Schreiben:

„... In der Annahme, daß Herr General Lipitzky Mannschaften zur Bewachung zur Verfügung haben würde, habe ich bei ihm vorgesprochen. Er hat mir erklärt, daß er nicht in der Lage ist etwas zu unternehmen, da der B-Kader in Ostösterreich keine Verwendung finden könne. Deshalb habe ich mich an das Innenministerium, an den Sekretär des Staatssekretärs Graf, Herrn Dr. Kolb, gewandt. Dr. Kolb versuchte bei den verschiedenen Gendarmeriekommandanten Leute für diesen Zweck freizubekommen. Nach meinen bisherigen Informationen ist jedoch kein Kommandant in der Lage, Leute abzustellen. Eine telephonische Rückfrage bei der Bundesgebäudeverwaltung II hat ergeben, dass auch sie nicht in der Lage ist, Bewachungsorgane zu stellen. Es bleibt also letzten Endes nur die Abordnung von Beamten des B-Kaders übrig ...“

 

Ebenfalls am 3. August 1955 wendete sich Dr. Uhlik in einem Schreiben an das Amt für Landesverteidigung mit dem Ersuchen, die Frage der Bewachung des Flugplatzgeländes zu lösen. Der Brief, der an General Liebitzky gerichtet war, enthielt die gleichen Argumente wie das Schreiben an Bundeskanzler Julius Raab. Im Schreiben an General Liebitzky ging Dr. Uhlik näher auf die Frage einer österreichisch/ amerikanischen Zusammenarbeit ein.

 

Dr. Uhlik schrieb:

„... Die Übernahme des Flughafengeländes durch die Bundesgebäudeverwaltung II wird ziemlich spät erfolgen können, da die Amerikaner den Hafen erst nach ihrem Abzug freigeben, weil nach Wien bis zum Schluss eine Flugverbindung offengehalten wird. Es wäre daher angezeigt und auch für uns sehr förderlich, wenn Sie von Ihrem Amte aus für die Luftwaffe vorgesehene Offiziere oder als Flughafenkommandant vorgesehene Herrn mit der Bearbeitung dieses Komplexes betrauen würden. Ich glaube, dass durch den persönlichen Kontakt zwischen dem zukünftigen und den derzeitigen Kommandanten Vorteile für uns geschaffen werden können ...“

 

Dr. Uhlik teilte General Liebitzky auch mit, dass die Amerikaner Teile der Flugplatzausrüstung abtransportierten. In diesem Zusammenhang wies Dr. Uhlik darauf hin, dass der Flugplatz Langenlebarn dem amerikanischen Hauptquartier in Wiesbaden unterstünde, und dass Fragen dieser Größenordnung direkt mit dem amerikanischen Hauptquartier in Wiesbaden zu besprechen seien.

 

Dazu Dr. Uhlik:

... Eine Anforderung von Gerät auf den bisherigen Wege über die Bundesgebäudeverwaltung II scheint mir nicht sehr aussichtsreich, da ich leider feststellen musste, dass verschiedene Ausrüstungsgegenstände trotz Anforderung abtransportiert wurden ...“

 

Das Amt für Landesverteidigung reagierte am 16. August 1955 auf das Schreiben von Dr. Uhlik und veranlasste mit Schreiben Zahl 501318-IV/Ger/55, dass zur Bewachung des Flugplatzgeländes Angehörige des eigens dafür verstärkten Gendarmerieposten Langenlebarn eingesetzt werden sollten. Der verstärkte Gendarmerieposten Langenlebarn wurde um weitere zehn Beamte vergrößert. Die Gendarmeriestreifen versahen ihren Wachdienst mit Hunden. Trotz der Streifen konnte nicht verhindert werden, dass die von den Amerikanern zurückgelassenen Einrichtungsgegenstände geplündert wurden. Eines der Hauptziele der Plünderer waren die Blöcke D-M des Objektes 16. Alle Gegenstände, die nicht fest mit dem Objekten verbunden waren, wie Türen, Fenster, sanitäre Einrichtungen und Beleuchtungskörper wechselten so auf nicht legale Weise ihren Besitzer. Aus den Waschräumen wurden sogar die Kacheln entfernt. Das Objekt 1 wurde vollständig ausgeplündert und dabei teilweise zerstört.

 

Das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau beauftragte die Bundesgebäudeverwaltung II - Wien, alle Vorbereitungen für eine Teilübernahme des Flugplatzgeländes von den Amerikanern zu treffen. Weiters sollte nach erfolgter Räumung die Gesamtübernahme durchgeführt werden. Am 29. Juli 1955 beantragte die Bundesgebäudeverwaltung II - Wien beim Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, die Errichtung einer eigenen Bundesgebäudeverwaltung mit Sitz in Langenlebarn.

 
 

Die planmäße Ausplünderung des Flugplatzgeländes im Sommer 1955

 

Am 22. August wurde dem Bürgermeister von Langenlebarn mitgeteilt, dass die amerikanische Luftwaffe die Bewachung des Flugplatzgeländes wegen Personalmangels einstellen wird. Nach mehreren erfolglosen Interventionsversuchen gelang es dem Bürgermeister vom Innenministerium, die Entsendung einer Gendarmerieeinheit zu erreichen. Die aus einem Offizier und zwölf Gendarmen bestehende Einheit hatte den Auftrag, das Flugplatzgelände zu bewachen. Durch die Größe des Geländes und die Vielzahl der Gebäude war eine sinnvolle Bewachung des Flugplatzes und seiner Einrichtungen aber nicht möglich. In der Folgezeit kam es zu einer großangelegten Plünderungsaktion des Flugplatzes durch Einwohner der näheren Umgebung. Neben den Plünderungsaktionen von Einheimischen besserten sich auch amerikanische Soldaten ihren Sold dadurch auf, dass sie Einrichtungsgegenstände, elektrische Leitungen und technische Anlagen des Flugplatzes abmontierten und verkauften. Aus dem ehemaligen Heizhaus-Ost wurden bis auf die schweren Heizkessel sämtliche Gegenstände aus Metall entfernt. Den österreichischen Behörden, die den Flugplatz übernahmen, wurde dadurch großer finanzieller Schaden zugefügt. Da diese Plünderungen teilweise in so großem Stil abgewickelt worden waren, mussten amerikanische Soldaten „mitgearbeitet“ haben, die Gegenstände aus dem Flugplatz zu schaffen. Ganze Lastkraftwagen-ladungen mit Ziegelsteinen wurden vom Flugplatz in das Ortsgebiet von Langenlebarn gebracht und als Baumaterial in Häuser integriert.

Der Kesselraum des Heizhauses-Ost nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte

 

 

Am 23. September 1955 wurde vom Handelsministerium die Aufstellung der „Gebäudeverwaltung Tulln“ mit Wirkung 1. Oktober 1955 angeordnet. Den Grundstock der zukünftigen Bundesgebäudeverwaltung in Langenlebarn bildeten sieben Vertragsbedienstete, die unter der Leitung von Oberrevident Ing. Walzl einen Journaldienst versahen. Zu den weiteren Tätigkeiten dieser kleinen Gruppe gehörte auch das Durchführen eines Wachdienstes.


 

Die letzten 30 Tage der amerikanischen Besetzung des Flugplatzes

 

Im Sommer 1955 befanden sich nur mehr wenige amerikanische Soldaten am Flugplatz. Gemeinsam mit dem Personal der PAN AM wurde der militärische und der zivile Flugbetrieb aufrechterhalten. Nach den Bestimmungen des Staatsvertrages mussten die Amerikaner den Flug­platz bis spätestens 31. Oktober 1955 geräumt haben. Die letzte Phase der amerikanischen Besatzungszeit am Flugplatz begann mit der Versetzung von Master Sergeant Lloyd-George Williams von Wiesbaden nach Langenlebarn, er sollte bei der Übergabe des Flugplatzes an die österreichischen Behörden mithelfen.

 

Ebenfalls in den letzten Wochen wurde 2nd Lt. John Bartosh nach Langenlebarn versetzt. Er beschreibt seine Eindrücke der letzten Wochen am Flugplatz wie folgt:

„Ich kam als junger Leutnant (Absolvent des Jahrganges 1955) im Sommer 1955 nach Langenlebarn. Ich hatte 12 verschiedene Jobs. Das Personal am Flugplatz machte ihre Arbeit schon seit einigen Jahren und so wussten sie was zu tun ist ...

... die Abwicklung der Versorgungsbereiche wurde von Sgt. Orlando Jackson , Frau Anni und Herrn Paar ausgezeichnet erledigt....

 

......Dann war noch die Jagd auf Wachteln auf dem Flugplatzgelände und die Entenjagd außerhalb des Flugplatzes. Der Hund von Major Rybos “Carlo“ kratzte am Morgen an meiner Tür und weckte mich auf, um auf die Jagd zu gehen ...

... die Jagdbeute wurde in der Küche zubereitet ...“

 

2nd Lt. Elmer Kilgore war für die Durchführung der Inventur zuständig. Er musste entscheiden, welche Gegenstände am Flugplatz verbleiben und welche nach Deutschland transportiert werden sollten. Drei überschüssige Feuerwehrfahrzeuge und drei Busse sollten am Flugplatz verbleiben. Die zwölf schweren Lastkraftwagen wurden mit den Gütern, die abtransportiert werden sollten, beladen und nach Deutschland gefahren. Schwere Gegenstände, mit einem Gesamtgewicht von 95 Tonnen, wurden mit der Eisenbahn vom Flugplatz abtransportiert.

Verladung der sperrigen Güter an der Bahnrampe des Flugplatzes

 

 

    

Transportflugzeug vom Typ C-119 vor dem Objekt 52

 

Mit einem Transportflugzeug vom Typ C-119 wurden große und sperrige Güter nach Wiesbaden transportiert.

 

Die Aufgabe von 2nd Lt. Bartosh war die Abwicklung der Personalangelegenheiten. Er hatte die Versorgung der am Flugplatz beschäftigten Offiziere, Soldaten und Zivilbediensteten sicherzustellen. Die Arbeitsverträge mit den österreichischen Bediensteten wurden mit Wirkung 30. September 1955 aufgelöst. Für die Abwicklung der Räumung und Übergabe des Flugplatzes standen dem Kommandanten Major Rybos nur vier Offiziere und etwa 20 Soldaten zur Seite. Adjutant des Flugplatzkommandanten war 2nd Lt. Robert Sheffield. Er war für die Übergabe des Flugplatzes an die österreichischen Behörden zuständig.

 

Bis zur Räumung ihrer Wohnung wohnte Major Rybos mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Wien. Danach übersiedelten Frau Rybos und die beiden Kinder in den O-Block des Objektes 24 und wohnten in den Räumen der ehemaligen Snack Bar. Für den Fall, dass der Winter vor dem Abzug der Amerikaner kommen sollte, wurden Pläne zur Unterbringung der Amerikaner am Flugplatz getroffen. Alle Amerikaner sollten in einen einzigen Unterkunftsblock übersiedeln, der beheizbar war. Von den insgesamt 127 Gebäuden des Flugplatzes wurden nur mehr neun benützt.

 

Nach Abschluss aller für die Schließung der Air Base notwendigen Arbeiten wurde der 30. September 1955 als Übergabedatum festgesetzt.

M/Sgt. Jackson und Major Rybos im Sommer 1955

 

 

 

Die Angehörigen des Detachment 3 der 1973rd AACS Squadron Im Jahr 1955

 

Zu Jahresbeginn 1955 befanden sich noch ein Offizier und 21 Soldaten der Einheit am Flugplatz. Die Zahl reduzierte sich bis zum 13. Mai 1954 auf einen Offizier und 10 Soldaten. Im August 1955 waren noch:

der Detachment Kommandant, Captain James D. Watts, und

die Soldaten   A/1c Joseph E. Noll,

                     A/1c William W. Harris und

                     A/2c Alden B. Carpenter in Langenlebarn.

 

Um den Betrieb am Tower aufrecht halten zu können, wurden die Zivilisten Kurt Fasching und Harry Reyer eingesetzt.

 

Auf dem Flugplatz gab es nur mehr eine geringe Flugtätigkeit. Nachdem die PAN AMERICAN ihre Station in Langenlebarn geschlossen hatte und nach Schwechat übersiedelt war, gab es in Langenlebarn keinen planmäßigen Flugverkehr mehr. Die einzigen Flugbewegungen wurden von den Transportflugzeugen, die Geräte und Ausrüstung nach Deutschland flogen, und von der täglichen Kuriermaschine von Linz nach Wien durchgeführt. Bei diesen Maschinen handelte es sich aber um Flugzeuge der US-Army. Die Kurierflugzeuge landeten auf dem Weg nach Wien und nahmen Post mit.

 

Wenige Wochen nach Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrages fand die letzte Hochzeit zwischen einem amerikanischen Soldaten des Flugplatzes und einer Österreicherin statt. Das letzte Brautpaar waren Sergeant Frank C. Angell und seine Frau Margarita.

Die Ehepaare Angell (stehend) und Watts

 

  

Die schriftlichen Tower-Unterlagen des Detachment 3 der 1973rd AACS Squadron enden am 4. August 1955.

Die letzte Anordnung der 1972D AACS Squadron bezüglich des Flugplatzes Tulln wurde am 23. September 1955 ausgestellt. Mit Special Order 99 wurde unter Punkt 2 die Versetzung von Captain James D. Watts nach Neubiberg angeordnet.


 

Der Befehl zur Räumung des Flugplatzes Tulln/Langenlebarn

 

Am 29. August 1955 wurde vom Hauptquartier der US-Air Force die Räumung und Übergabe des Flugplatzes an die österreichischen Behörden angeordnet. Unter der Bezeichnung: „Permanent Change of Station“ wurde der Abzug der amerikanischen Soldaten geregelt.

 

 

 

 

  

Die Besichtigung des Flugplatzes durch Bundeskanzler Julius Raab am Mittwoch den 14. September 1955

 

Auf seiner Rundreise durch Österreich besichtigte der österreichische Bundeskanzler Julius Raab die für das zukünftige österreichische Bundesheer vorgesehenen Garnisonen. Am Mittwoch den 14. September 1955 besuchte er mit einer Gruppe von Beamten auch die Ortschaft Langenlebarn und den Flugplatz. Der Ort Langenlebarn war festlich geschmückt worden. Der Bundeskanzler wurde vom Bezirkshauptmann von Tulln, Dr. Kermer, und vom Bürgermeister von Langenlebarn, Schuldirektor Gottfried Wagner, empfangen. Bei der Begrüßungsrede brachte Bürgermeister Wagner auch das „Flughafenproblem“ zur Sprache. Nach dem kleinen Festakt im Ort fuhr der Bundeskanzler zum Flugplatzgelände weiter. An der Flughafeneinfahrt wurde er vom Tullner Bürgermeister Goldmann, dem amerikanischen Flugplatzkommandanten, Major Rybos und einem Vertreter der amerikanischen Botschaft begrüßt.

 

Nach der Begrüßung wurde der Bundeskanzler durch das Flughafengelände und die einzelnen Gebäude geführt. Bundeskanzler Raab war mit dem guten Zustand der Flughafeneinrichtungen und der Unterkünfte, die noch von den Amerikanern benützt wurden, zufrieden. Jedoch bot sich dem Bundeskanzler ein Bild der Zerstörung und der Verwüstung der nicht von den Amerikanern genutzten Gebäude. Zehn Jahre nach Kriegsende waren Ruinen in diesem Ausmaß schon selten geworden. Den Besucher bot sich ein Bild der Gegensätze. Das Objekt 16 war bis auf die drei abgetragenen Blöcke A bis C in einem sehr guten Zustand.

 

Den Abschluss der Besichtigungstour bildete ein Besuch des Kontrollturmes. Hier konnte sich der Bundeskanzler ein Gesamtbild des Flugplatzes verschaffen.

 

Nach Abschluss der Besichtigung des Flugplatzgeländes nahm der Bundeskanzler und seine Begleiter, sowie der amerikanische Flugplatzkommandant, noch einen kleinen Imbiss im Gasthaus Uhlik ein. Hier bedankte sich der Bundeskanzler bei Major Rybos für seine Leistungen besonders bei der Bekämpfung des Hochwassers im Jahr 1954. Nach dem Imbiss fuhr Bundeskanzler Raab nach St. Pölten weiter.

 

Das Objekt 16

 

 

Im Gegensatz dazu war das Objekt 24 bis auf einen Teil der Blöcke N und O völlig unbrauchbar.

 

 

Freitag der 30. September 1955 - Der Abzug der letzten amerikanischen Soldaten vom Flugplatz Tulln/Langenlebarn

 

Freitag der 30. September 1955 wurde als Übergabetermin für den Flugplatz festgelegt. Für die Übergabe des Flugplatzes an die österreichischen Behörden wurde eine kleine Feier geplant. Für diese Feier wurde eine Einheit der Gendarmerieschule unter dem Kommando von Rittmeister Vrana und die Musikabteilung der Gendarmerie von Wien nach Langenlebarn verlegt. Mit einer abschließenden Besichtigung des Flugplatzgeländes endete für den Flugplatz Tulln/ Langenlebarn die 10-jährige amerikanische Besatzungszeit. Zu diesem Zeitpunkt waren, außer dem Flugplatzkommandanten Major Karol F. Rybos, noch etwa 20 amerikanische Offiziere und Soldaten am Flugplatz.

 

An dieser Besichtigung nahmen teil:

           für das Amt für Landesverteidigung:

             Major Bizek

             Rittmeister Limberger

             Rittmeister Kubista

 

           für die Bundesgebäudeverwaltung II:

             Baukommissär Dipl. Ing. Albach

             Ing. Walzl

 

           für die amerikanischen Behörden:

             Ing. Albrecht

 

Die Gendarmerieabteilung auf dem Marsch zum Kommandogebäude

Die Musikkapelle der Gendarmerie vor dem Kommandogebäude

  

Einholung der amerikanischen und Aufziehen der österreichischen Fahne

 

 

 Der letzte amerikanische Flugplatzkommandant übergibt den Flugplatz an den Landesgendarmeriekommandanten von Niederösterreich

 

M/Sgt. Williams übergibt die soeben eingeholte amerikanische Fahne dem letzten amerikanischen Flugplatzkommandanten Major Rybos

 

An der abschließenden Flaggenparade nahm die Gemeindevertretung von Langenlebarn, mehrere Politiker und viele Schaulustige teil. Unter den Klängen der amerikanischen Hymne wurde das Sternenbanner eingeholt, und anschließend zogen österreichische Gendarmen die rot-weiß-rote Fahne auf.

 

Ein Reporter der Zeitung „Neues Österreich“ beschreibt die Zeremonie wie folgt:

„...heute um 14 Uhr wurde von der scheidenden amerikanischen Besatzungsmacht der Flugplatz Langenlebarn bei Tulln den österreichischen Behörden zurückgestellt. Zur Feier des Flaggenwechsels hatten sich der niederösterreichische Landeskommandant Gendarmerieoberst Krail, Major Birsack sowie Vertreter der Bundesgebäudeverwaltung eingefunden. Über zehn Jahre benützte die amerikanische Besatzungsmacht den im Krieg errichteten Flugplatz Tulln als Air Basis für ihre in Österreich stationierten Streitkräfte. In Langenlebarn landeten und starteten nicht nur Militärmaschinen, sondern auch die privaten US-Fluggesellschaften flogen diesen Hafen an. Im August übersiedelte die Pan American World Airways dann nach Schwechat, in Tulln aber startenden die schweren amerikanischen Transportmaschinen, in denen die USFA-Angehörigen mit ihren Familien die Heimreise antraten. Die Räumung Wiens vollzog sich zum Großteil über die improvisierte Luftbrücke Tulln – Frankfurt am Main.

 

Heute war das Restkommando, das sich noch in Tulln befindet, zum feierlichen Flaggenwechsel angetreten. Kurz vor 14 Uhr marschierte die Gendarmeriekapelle und ein Zug der Gendarmerieschule des Innenministers unter Kommando des Rittmeisters Vrana auf den Platz.

Nachdem dann auch die österreichischen Ehrengäste eingetroffen waren, stellte sich der Zug in Front zum Flaggenmast. Ein kurzes Kommando und die Gendarmen präsentierten das Gewehr. Zwei amerikanische Soldaten begaben sich im Paradeschritt zum Mast und zu den Klängen der amerikanischen Nationalhymne wurde das Sternenbanner eingeholt.

Nachdem der „Yanke Doodle“ verklungen war, überreichten die beiden amerikanischen Flieger dem bisherigen Flugplatzkommandanten, einem Oberst, die Flagge. Kurz darauf hissten zwei Gendarmen unter den Klängen der Bundeshymne die Rotweißrote Fahne.

Dann intonisierte die Kapelle den Deutschmeistermarsch, der Ehrenzug formierte sich und defilierte an den amerikanischen und österreichischen Offizieren vorbei.

 

Anschließend daran meldete sich der Bürgermeister von Langenlebarn zu Wort. Er dankte dem Flugplatzkommandanten im Namen der Gemeindeangehörigen für die wertvolle Unterstützung in den vergangenen zehn Jahren. Zahlreiche Gemeindeangehörige waren während dieser Zeit auf dem Flugplatz beschäftigt.

 

Zuletzt führten die Offiziere der Besatzungsmacht die Vertreter der Bundesgebäudeverwaltung durch die Objekte des Flughafens. Teile der Hangars und der Betriebsgebäude liegen noch seit dem Kriege in Trümmer. Die von den Bomben verschont gebliebenen Räume und Unterkünfte befinden sich jedoch in tadellosem Zustand. Da auch die Einrichtung des Flughafens samt dem Kontrollturm und den Funk- und Sendeanlagen übergeben wurde, ist der Tullner Flugplatz betriebsbereit.

 

Wie das „Neue Österreich“ erfährt, ist Langenlebarn zum ersten österreichischen Militärflugplatz ausersehen. Hier sollen in absehbarer Zeit die Militärpiloten der neuen österreichischen Luftwaffe herangebildet werden. Bis Sonntag abend werden 20 Gendarmeriebeamte den Flugplatz bewachen. Für diesen Zeitpunkt erwartet man die Ankunft einer Kompanie des Bundesheeres aus Graz. Die Einheit wurde nach Wien verlegt und soll von Montag an die Flugplatzwache für Tulln stellen.

 

Derzeit stehen in den Hangars von Langenlebarn noch drei US-Militärmaschinen. Sie werden Samstag mit den letzten Amerikanern an Bord starten. Schon heute verluden die 15 amerikanischen Flieger die letzten Geräte und Waffen..“

 

Das letzte amerikanische Transportflugzeug vom Typ Douglas C-47 kurz vor dem Abflug

Das Flugzeug wird mit den persönlichen Sachen der letzten amerikanischen Soldaten beladen


Danach bestiegen ein Teil der amerikanischen Soldaten die letzte am Flugplatz verbliebene Maschine mit dem Namen „Wien Queen“. Gegen 15 Uhr startete das letzte amerikanische Flugzeug vom Flugplatz Tulln/Langenlebarn. Nachdem das Flugzeug von der Startbahn abgehoben hatte, flog die Besatzung noch zwei Ehrenrunden über die Ortschaft und den Flugplatz und nahm dann Kurs Richtung Westen.

 

Der damalige Bürgermeister von Langenlebarn Wagner beschreibt die letzten Minuten der amerikanischen Besatzungszeit des Flugplatzes wie folgt:

„...ergänzend wird berichtet, dass unmittelbar nach der offiziellen Übergabe des Hafens der Abflug des amerikanischen Flughafenkommandanten, Major Rybos, erfolgte. Rybos genoss die Wertschätzung aller Zivilangestellten des Flughafens und war, ob seines korrekten Verhaltens, sehr geachtet.

Nach seiner endgültigen Verabschiedung bestieg er das Flugzeug vor dem Gebäude des Funkturmes, startete und steuerte es zum Rollfeld. Um 15 Uhr 10 erhob sich die Maschine vom Boden. Nach einer letzten Runde zum Abschied, knapp über den Köpfen der nachwinkenden Menge, verschwand die Maschine alsbald in den Wolken ...“

 

Das Ende der amerikanischen Herrschaft über den Flugplatz beschreibt Lloyd G. Williams, der am 6. Juli 1955 von Wiesbaden nach Langenlebarn versetzt worden war wie folgt:

„... Ich war Sgt. Major und ich half die Basis zu schließen. Ich holte die amerikanische Flagge zum letzten mal ein. Ich faltete die Flagge und übergab sie Major Karol F. Rybos, dem Kommandanten.

 

Am 30. September 1955, Lt. Kilgore, M/Sgt Williams und Lt. Sheffield verließen in Lt. Sheffields Auto die Basis. Wir waren die Letzten, die den Flugplatz verließen. Der Flugplatz war nun in Besitz Österreichs. Wir verließen den Flugplatz und fuhren auf der Straße, die hinter dem Flugplatz verlief, über Tulln nach Deutschland. Ich schenkte Süßigkeiten und Kaugummi an Kinder ...“

 

Als die letzten amerikanischen Soldaten den Flugplatz durch das Haupttor verließen, erwiesen ihnen österreichische Gendarmen den „letzten“ militärischen Gruß. Vom Flugplatz aus fuhren die amerikanischen Soldaten nach Tulln, das bereits seit dem 14. Juni von der Roten Armee geräumt worden war.

 

Der sowjetische Stadtkommandant von Tulln, Oberst Georgijewski, hatte am 14. Juni die Kommandantur aufgelassen und war mit seinem Stab abgezogen.

 

Damit endete für den Flugplatz und für die Ortschaft Langenlebarn eine 17-jährige Phase der Fremdherrschaft. Ortschaft und Flugplatz unterstanden wieder österreichischen Behörden.

 

Die letzten amerikanischen Soldaten verlassen den Flugplatz