02 Zwölf Waffensysteme kamen unerwartet

 

Kurze Zeit nach der zweiten Lieferung der OH58B kam ein LKW in die Hubschrauberhalle und lud zur Verwunderung der Techniker 12 Kisten mit der Aufschrift "Armament System" aus. Von einem Waffensystem wusste keiner etwas. Dass die US.Army den Hubschrauber mit allem Zubehör liefert, war auch dem Verteidigungsministerium nicht bewusst.

 

Als erste Reaktion nach Meldung an den Staffelkommandanten Hptm Michel, wurden nacheinander die 12 Kisten von Vzlt Langer und mir entleert. Der gesamte Inhalt pro Kiste wurde mit den Bezeichnungen und Seriennummern schriftlich registriert und in einen leer stehenden Raum versperrt. Den Schlüssel hatte ich.

 

Im darauf folgenden Februar 1977 wurden die restlichen Techniker durch einen schwarzen US. Soldaten eine Woche lang drillmäßig am Waffensystem ausgebildet.

 

Vom 12. April 1977 bis 30. April 1977 war der erste Schießtermin in Allentsteig. Die Techniker mussten händisch die Munition gurten. Die Patronen kamen in Päckchen zu je 20 Stück und die Gurtglieder in Nylonsäcken. Nach ca. einer Woche waren 100.000 Schuss gegurtet und der Daumen der Techniker war etwas dicker geworden.

 

Untergebracht wurden wir am TÜPL Allentsteig/Lager Kaufholz in der Holzbaracke Nr. 36, in der jeder Raum mit Kohle beheizt wurde, wirklich kein Luxushotel. Die Baracken wurden später abgerissen. Heute ist dieses Areal total verwachsen.

 

Die Piloten wurden durch einen US. Flight Instructor (Mr. Russum) ausgebildet.

 

Die restlichen 46.000 Schuss wurden im Extrazimmer des Gasthauses in Scheidldorf nachgegurtet. Man muss bedenken, mit derart viel Munition hatte eine Staffel bisher noch keinen Kontakt. Die Administration der Munition musste erst erfunden werden, denn es gab keine geeignete Vorschrift.

     

Mydza in Scheidldorf

Das Rechtliche wurde soweit geregelt, dass der Infanteriewaffenmeister des Geschwaders nur für das MG mit Zuführer zuständig war.

 

Der Rest des Waffensystems war Angelegenheit eines lizenzierten Technikers. Der Infanteriewaffenmeister stand aber kurz vor der Pension so dass ich mit „Werkseinschulung“ des öfteren gebeten wurde, den Waffenmeisterkurs zu absolvieren. Nach drei Jahren fügte ich mich.

 

Auf der Fliegerschießbahn Äpfelgschwendt gab es auch keine geeignete Trefferanzeige. Die Zählwerke waren elektromechanisch und kamen bei der hohen Kadenz nicht mit. So begnügte man sich mit drei bis sechs Treffern, obwohl mindestens zweihundert Schuss ins Ziel gelangten.

 

Ein Schießhaus oder asphaltierter Landeplatz war nicht vorhanden. Geladen und scharfgemacht wurde seitlich vom vorderen Bunker (A2) in der Wiese.

 

Der Aufenthalt in Bunkernähe war nicht ganz ungefährlich. So konnte schon bei einem Überflug eine der herunterfallenden Hülsen oder scharfe Patronen eine Kopfverletzung verursachen, wie unser Werkmeister feststellen musste. Es gab noch keine Auffangbehälter. Die Arbeitsbedingung war katastrophal. Hemmungen mussten in der Wiese behoben werden. Manchmal fragte man sich, wo haben sich die Schrauben im Gras versteckt. An eine Verbesserung der Situation war nicht zu denken. Kein Geld!

 

Die Gurtglieder der österreichischen Munition waren so weich, dass sie sich verbogen und Hemmungen verursachten. Mit der Bitte, die Qualität der Glieder etwas anzuheben, ist man gleich übers Ziel geschossen. Jetzt hatte man fast einen Federstahl, der das Gurtglied in der Waffe beim Herausdrücken der Patrone springen ließ. Wieder gab es viele Hemmungen. Zögernd bekamen wir fallweise gegurtete amerikanische Munition, die einwandfrei funktionierte.

 

Die vielen Hemmungen verursachten in vielen Bereichen Probleme: ob normaler Schießbetrieb, Demonstrationsschießen (war oft peinlich) oder extremer Arbeitsaufwand und Ersatzteilbedarf. Die Firma Hirtenberg (Munitionshersteller) wurde zu einem Schießen in Großmittel eingeladen, um sich dieses Hemmungsproblems anzunehmen. Es wurden fünf Container zu je 2.000 Schuss, leider ohne Hemmung, verschossen. Man nennt so etwas Vorführeffekt. In letzter Zeit gibt es nur mehr die amerikanische Munition. Seitdem gibt es ganz selten Hemmungen.

 

Ein Jahr später wurde ich mit einer einfachen Planung beauftragt, ein Wetterschutzhäuschen aus Welleternit zu konstruieren, um die Hemmungen nicht vollständig unter freiem Himmel beheben zu müssen. Aber daraus wurde nichts, kein Geld.

 

Die zukünftigen jungen Warte mussten ebenfalls auf der Bordwaffe ausgebildet werden. Ein von mir angefertigtes Skript sollte behilflich sein.

 

Jeder Techniker der an der Bordwaffe arbeitete, musste die Funktion des Systems verstehen, damit er sich nicht selbst oder Andere gefährdet.

 

Auch die Piloten erhielten von mir eine Einweisung in die Bedienung des Systems und die Tücken eines unbeabsichtigten Schusses durch Selbstauslösung.

 

 

 

 

Das Maschinengewehr von Gatling

 

Richard Jordan Gatling, amerikanischer Mechaniker, geb. 12.09.1818 war ein erfolgreicher Erfinder. Seinen großen Namen errang er aber erst, als es ihm 1861 gelang, eine Revolverkanone zu konstruieren, die als schnellste Waffe der Welt galt. Im Jahr 1862 baute er die erste Kanone zu Indianapolis und im selben Jahr zu Cincinnati 6 weitere, die aber alle bei einem Brand zerstört wurden.

 

Im Jahr 1882 setzten die Engländer diese Kanone im Ägyptischen Feldzug mit einigem Erfolg ein. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts machte diese Revolverkanone nochmals Schlagzeilen, als es gelang, die Patronenzuführung nochmals zu verbessern. Im Jahre1895 kannte man zwei Ausführungen dieser Kanone, eine Landausführung und eine für die Marine.

 

Das Besondere an der Revolverkanone von Gatling war bekanntlich, daß sie aus einem Laufbündel von 6 oder 10 Läufen bestand, das mittels einer Handkurbel um die Längsachse des Bündels gedreht wurde. Das Zuführen der Patronen aus einem Trommelmagazin geschah ebenfalls durch den Kurbelantrieb. Die Schussgeschwindigkeit konnte bis etwa 90 Schuss/min gesteigert werden.

 

Die motorische Betätigung hätte eine Wende in der Waffenentwicklung bringen können, wenn es nicht Hiriam Maxim 1883 gelungen wäre, den Rückstoß beim Schuß auszunutzen. Eine Zeitlang standen sich die mehrläufigen Revolverkanonen von Gatling und das einläufige Maschinengewehr von Maxim als Konkurrenten gegenüber, bis sich aber die einläufigen Maschinenwaffen auch anderer Konstrukteure endlich durchsetzten, nachdem sie die gewünschte Schußgeschwindigkeit erbracht hatten.

 

Die Gatlin'sche Erfindung geriet völlig in Vergessenheit, als in den Kolonialkriegen immer größere Erfolge mit den schnellschießenden Maschinengewehren erzielt werden konnte.

 

Heute verwendet man elektrische oder hydraulische Antriebe die es ermöglichen, die Waffe unabhängig vom Gasdruck oder Rückstoß automatisch wirken zu lassen. Man spricht von einer Waffe mit Fremdantrieb.

 

Im Zeitalter einer hoch entwickelten Technik entsann sich die Firma General Electric in Burlington, Vermont/USA wieder der Erfindung Gatlings und nutzte eine über 100 Jahre alte Idee für eine supermoderne Waffe aus.

 

Warum bei der Konstruktion der Minigun gerade das Prinzip der Gatling - Revolver Kanone als bevorzugte Grundlage diente, hat zwei Gründe: erstens der große Erfolg, den die ähnlich arbeitende M-61 Vulkan-Kanone erreichte und zweitens die Möglichkeit, mit dem Sechs - Lauf - System lange und schnelle Feuerstöße abgeben zu können. Eine hohe Schussfolge kann normalerweise nur sehr begrenzte Zeit abgegeben werden, da die Temperatur eines einzelnen Laufes dadurch sehr ansteigt. Wenn aber die Minigun eine Schussfolge von 6000 Schuss/Minute abgibt, dann entfallen auf jeden Lauf nur 1000 Schuß/Minute. Daher kann sie, wenn von Nöten, eine hohe Feuergeschwindigkeit verhältnismäßig lange aushalten, wobei der Temperaturanstieg ziemlich niedrig gehalten wird.

 

Die Erosion des Laufes wird durch die sechs Läufe ebenfalls vermindert. Weniger Hitze und weniger Erosion tragen dazu bei, das Leben der Läufe und Teile zu verlängern; das Ergebnis sind mehr Einsätze zwischen Wartung und Überholung. Ein weiterer Vorteil des Sechs - Lauf - Prinzips ist die Möglichkeit, die Geschoßstreuung variieren zu können, um damit den unterschiedlichen Einsatzforderungen nachzukommen. Ovale, Kreise und Kugelregen sind nur einige Formen, die erreicht werden können.

 

 

MG134 (Gatling) mit selbstgebauten Munitionsauffangbehälter

Übung "Cold Respons 2010" in Norwegen

 

 

 

 

 

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