Blitzforschung
kann sehr langweilig sein. So soll der Schweizer BlitzPionier
Karl Berger, auf dessen Beobachtungen auch heute noch viele
Erkenntnisse beruhen, in den 50er Jahren tagelang bei
Schlechtwetter mit Messinstrumenten auf seinem Hausberg gesessen
und auf einen Einschlag gewartet haben.
Blitzforschung kann aber auch so
haarsträubend spannend sein, wie Fangenspielen mit einem
unsichtbaren, tödlichen Monster: Dazu schieße man als Köder eine
kleine Rakete in den spannungsgeladenen Gewitterhimmel, an deren
Ende ein 700 Meter langer Kupferdraht gewissermaßen als
Angelschnur hängt und laufe dann so schnell wie möglich davon.
Mit etwas Glück wird die Harakiri‑Aktion mit einem 30.000 Grad
heißen, weißglühenden Plasmastrahl belohnt, der die
"Kupferangel" im Bruchteil einer Sekunde verdampfen und die ihn
umgebende Luft mit einem ohrenbetäubenden Knall und einer
markerschütternden Druckwelle explo-dieren lasst . . .
So ähnlich, wenn auch sehr viel
professioneller, holen sich moderne Blitzforscher wie der Wiener
Dr. Gerhard Diendorfer, Chef des österreichischen Mess‑Instituts
ALDIS heutzutage einen Blitz vom Himmel, um ihn zu untersuchen.
Denn an der Entstehung dieser gewaltigen KurzschIüsse zwischen
Himmel and Erde ist noch vieles ungeklärt.
Bekannt ist
zumindest Folgendes : Kleine Eis‑ und Wasserpartikel reiben in
einer Wolke aneinander und laden sich dabei auf, wobei die
positiv geladenen Teilchen an die Oberseite der Wolke wandern,
die negativen nach unten. Wenn an der Unterseite genug negative
Teilchen sitzen, macht sich ein so genannter Leitblitz in
Richtung Erde auf die Suche nach "Ent-spannung".
Kurz bevor er mit seinem dünnen, verästelten Strahl den
Boden erreicht, strecken sich ihm von hohen Gelände‑Punkten
Fangladungen entgegen. Jene Fangladung, die den Leitblitz
als Erste erreicht, gewinnt. |
Die folgende
Spannungsentladung ist so gewaltig, dass sie die Luftmoleküle im
Bereich des Leitstrahls in ihre Bestandteile zerlegt, sodass nur
noch einzeln herumschwirrende Elektronen und Protonen übrig
bleiben.
Ein weißglühender Plasmastrahl
entsteht, der sichtbare Blitz. Und bis zu 300.000 Ampere
Stromstärke mit einer Spannung von Millionen Volt entladen
sich in einer Zwanzigtausendstelsekunde von der Erde in
Richtung Himmel (nicht umgekehrt).
Rätsel gibt den
Forschern noch immer die Entstehung dieser Spannung in den
Wolken auf. Auch ist man jetzt unter anderem mit Hilfe der
Weltraumfähren so genannten ,Elfen" und „Kobolden" auf der Spur,
die seltsame bunte Lichtspuren bis in 80 Kilometer Höhe
erzeugen.
Klarheit
herrscht dafür nicht nur unter Forschern, wie man sich am besten
vor einem Blitzschlag schützt. Dr. Diendorfer: „Man darf vor
allm nicht im Umkreis von mehreren hundert Metern der höchste
Punkt sein." Selbst ein Haus oder ein Schuppen ohne
Blitzableiter ist ein besserer Schutz als das freie Feld, man
sollte sich nur in die Mitte des Raumes begeben und nichts
berühren. Wichtig ist, dass man mit geschlossenen Beinen steht,
damit der Blitz sich nicht einen Abzweiger von einem Bein zum
anderen durch den Körper sucht. Gummistiefel sind dabei auch
keine große Hilfe, weil der energiereiche Blitz sich trotzdem
(wie beim Auto, das eigentlich durch die Gummireifen isoliert
sein sollte) den kürzesten Weg zur Erde sucht. Dr. Diendorfer:
,Das ist dem Blitz am Ende völlig wurscht, ob da Gummi oder ein
anderes Material ist. Im Auto selbst ist man aber sicher. Auch
wenn es im Extremfall bei einem Einschlag sogar die Autoreifen
zerfetzen kann . . ."
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